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Die Reise der Stelen

Vom 04. September 2021 bis 05. September 2021

Die jungsteinzeitlichen Stelen von Sitten sind wahre Meisterwerke der alpinen prähistorischen Kunst und über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Einige von ihnen wurden in den 60er- und 70er-Jahren an der Avenue du Petit-Chasseur entdeckt, andere erst kürzlich bei Ausgrabungen an der Stätte Don Bosco und am Chemin des Amandiers.

Mehrere Stelen werden vom 17. September 2021 bis 16. Januar 2022 im Rahmen der Ausstellung «Menschen in Stein gemeisselt / Hommes sculptés dans la pierre» des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich zu sehen sein. Zwei Stelen wird anschliessend sogar die Ehre zuteil, im British Museum in London in einer grossen Ausstellung mit dem Titel «The world of Stonehenge» präsentiert zu werden.

Vor dieser Reise haben die Walliserinnen und Walliser anlässlich am 4. und 5. September Veranstaltung Gelegenheit, eine frisch restaurierte Stele von Don Bosco zu sehen. Gleichzeitig können auch die ganz besonderen Werke von Petit-Chasseur bestaunt werden.

Eine neue Ausstellung dieser aussergewöhnlichen Sammlung wird zurzeit vorbereitet.

 

Die jungsteinzeitliche Stätte von Petit-Chasseur (Sitten, Wallis)

Die megalithische Stätte von Petit-Chasseur ist typisch für die alpine Jungsteinzeit. Sie ermöglicht es, die Bestattungsrituale, die symbolische Gedankenwelt und die sozialen Strukturen der Gesellschaften des 3. und des Beginns des 2. Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung besser zu verstehen.

Zwischen 1961 und 1988 wurden bei archäologischen Ausgrabungen 13 steinerne Grabmäler freigelegt; die grössten Grabstätten enthielten mehr als 100 Personen, die kleinsten weniger als 10. Grosse Besonderheit dieser Stätte: Es wurden rund 30 gravierte Stelen von menschlicher Gestalt entdeckt, von denen die meisten in den Gräbern als Baumaterial wiederverwendet wurden.

Zwei Stile können deutlich unterschieden werden: Bei den Stelen des Typs A – vermutlich die älteren – ist die menschliche Gestalt nur ziemlich grob erkennbar und beschränkt sich auf die Arme, die verschränkten Unterarme und die Hände. Die Kleidung besteht lediglich aus einem Gürtel, der Schmuck aus einem Doppelspiralanhänger und die Waffen aus Dolchen oder einer Axt. 

Die Stelen des Typs B sind aufwendiger verziert. Das breite Haupt, bei dem das Gesicht einzig durch die Nase angedeutet wird, ist mit einem Kopfschmuck bedeckt. Die Arme und Hände sind schematisch dargestellt. Die Kleider sind mit geometrischen Mustern verziert und es sind verschiedene Accessoires wie Gürtel und Geldbeutel abgebildet. Zum Schmuck gehören verschiedene Arten von Ketten und auf der Brust sind manchmal ein Bogen und Pfeile erkennbar.

Alle diese Stelen wurden vermutlich angefertigt, als eine wichtige Persönlichkeit an die Macht kam oder starb. Die Entweihung des Bildnisses und seine Wiederverwendung als einfaches architektonisches Element könnte den Machtverlust dieser Persönlichkeit oder des von ihr geführten Clans symbolisieren.

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Präsentation der Ausgrabungen von Petit-Chasseur vor den Mitgliedern
der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte 1966.
© Universität Genf. Labor für prähistorische Archäologie und Anthropologie.

 

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Der Dolmen MVI von Petit-Chasseur um 2400 v. Chr.: Menschen leeren das Grabgewölbe, reissen einige Stelen nieder und errichten neue.
© Kantonsmuseen Wallis, Sitten. Zeichnung von André Houot, Kolorierung von Jocelyne Charrance.

 

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Ornamentale Bestandteile der Stelen von Petit-Chasseur (Typ A und B).
© Universität Genf. Labor für prähistorische Archäologie und Anthropologie, Pierre Corboud.

Die Stätte Don Bosco (Sitten, Wallis)

Im Norden der Stadt Sitten am Standort Don Bosco reihte sich eine beeindruckende Zahl von Nekropolen aneinander: Ein Dolmen aus der Jungsteinzeit, Grabhügel aus der frühen Eisenzeit, Brandbestattungsstellen aus der Römerzeit und Körperbestattungen aus dem Frühmittelalter.

2018 wurde beim Bau des «Parking du Nord» der jungsteinzeitliche Dolmen entdeckt, der durch ein Hochwasser der Sionne verkippt worden war, sowie vier Stelen von menschlicher Gestalt.

Das Gemeinschaftsgrab aus dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung enthielt Überreste von rund 50 Personen, sowie zwei verzierte Platten, die als architektonisches Element für das Innere des Grabes wiederverwendet worden sind. Zwei weitere gravierte intakte Monolithen befanden sich vor der Lagerungsgrube, einige Meter vom Grabmal entfernt.

Die Untersuchung und Restaurierung dieser wertvollen Überreste sind im Gang. Dank der geduldigen und sorgfältigen Entfernung der Erdrückstände anhand modernster Methoden kommen die Verzierungen der Stelen nach und nach zum Vorschein. Besonderes Augenmerk wird auf die Suche nach Pigmenten gelegt, welche die eingravierten Motive hätten verdeutlichen können.

Diese aussergewöhnlichen Funde unterstreichen die Bedeutung, welche die Stadt Sitten als massgebende archäologische Stätte der europäischen Vorgeschichte einnimmt. Ihre eingehende Analyse in ihrem ursprünglichen Kontext wird wertvolle Ergänzungen liefern zu den Untersuchungen, die seit sechs Jahrzehnten an der benachbarten Stätte des Petit-Chasseur durchgeführt werden.

 

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Ausgrabung im Dolmen Don Bosco. In der Mitte liegt die Stele 2 mit der gravierten Seite nach unten.
© OCA, ARIA SA

 

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Begutachtung der Details der Gravuren der Stele 2 von Don Bosco im Streiflicht.
© OCA, YVES LERESCHE

 

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Sorgfältige Reinigung der Stele 2 von Don Bosco mit einer Druckluftnadel und einem Holzspachtel.
© OCA,
YVES LERESCHE