Andrea Wolfensberger
Im Jahr 1995 filmt die Zürcher Künstlerin Andrea Wolfensberger den Abendhimmel über Rom. Gedreht mit der berühmten Betacam SP von Sony – der revolutionären Kamera, die der Elektronik-Riese 1986 auf den Markt brachte – und ein paar Jahre später digitalisiert, zieht Stare den Betrachter unweigerlich in seinen Bann. Ohne Ton und um die Hälfte verlangsamt, hält das Video das Auge fest und stimuliert die Sinne während der etwas mehr als 12 Minuten, die den hypnotisch wirkenden Tanz eines Starenschwarms zeigen. Als ein Raubvogel im Blickfeld auftaucht, entwickelt sich eine wahre Choreografie zwischen dem Falken und der Masse der Sperlingsvögel.
Andrea Wolfensberger, Stare, 1995-2011, Betacam SP Video, ohne Ton, 12'40'', inv.-Nr. BA 3431, Kunstmuseum Wallis, Sitten © Kantonsmuseen, Sitten. |
Sabine Zaalene
Diese Videoarbeit, die auf den Kerkennah-Inseln vor der Ostküste Tunesiens gedreht wurde, zeigt das poetische Eintauchen eines Jünglings ins Mittelmeer. Sein Körper steht im Dialog mit einer scheinbar ruhigen Wasserfläche. Doch der geschichtsbeladene Ort kehrt die Deutung des Werkes um: Seit dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Ben Ali 2011 hat sich die Inselgruppe, die nur 150 km westlich der traurig berühmten Insel Lampedusa liegt, in eine unheilvolle Stätte verwandelt, wo täglich zahlreiche Migranten verschwinden. Die Tinte des Tintenfisches, die für ihre verbergenden Eigenschaften bekannt ist, verwandelt dieses Video in eine wahre Allegorie des Verschwindens. Indem Zaalene den jungen Körper in der unendlichen Weite des Wassers zeigt, in der er sich zu verlieren droht, gibt sie «die unsichtbare Gegenwart der Migranten» zu erkennen.
Sabine Zaalene, Homo sepia, 2017, HD video, 4‘30‘‘, inv.-Nr. FCD 178, Kunstmuseum Wallis, Sitten © Kantonsmuseen, Sitten. |
Flurina Badel und Jérémie Sarbach
Ein Daumen, ein Berg, eine Fahne, eine Banane. Ein Findling, ein Gletscher, eine Palme und Enzian. Als wahres audiovisuelles Lexikon ist De Novo Teil eines grossen gleichnamigen Projekts, welches das Schweizer Künstlerpaar Flurina Badel und Jérémie Sarbach in den letzten Jahren realisiert hat. Das Video, dessen Symbolik in einer Randregion wie dem Wallis ihre wahre Bedeutung entfaltet, befasst sich mit Globalisierung und Umweltproblemen, der technologischen Überlastung und der Quasi-Digitalisierung der Menschen in Form von Fingern, die typisch für das «digitale» Zeitalter sind.
Flurina Badel und Jérémie Sarbach, De Novo, 2018, HD video, 35‘06‘', inv.-Nr. BA 3473, Kunstmuseum Wallis, Sitten © Kantonsmuseen, Sitten. |
Video Selection
Kunstmuseum Wallis, Au Quatrième
23. November 2018 - 28. April 2019